Im Zeichen des Regenbogens by Hans Bentzien
Autor:Hans Bentzien [Bentzien, Hans]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: EDITION digital
veröffentlicht: 2015-08-28T16:00:00+00:00
Aufenthalt in Nürnberg
Thomas Müntzer und Pfeifer wandten sich nach Nürnberg. Die Reisezeit war für sie eine Zeit der Überprüfung ihrer Gedanken und der Abfassung von Antworten an ihre Gegner. Denn schweigen würden sie nicht, das hatten sie nie getan. Unterwegs sammelten sie Informationen: Wie stand es in Meiningen, in Südthüringen und im benachbarten Hessen? Gab es neuere Meldungen von den Bauernaufständen in Süddeutschland?
In der Freien Reichsstadt Nürnberg angekommen, war Thomas nur von einem Gedanken beseelt, er wollte seine Abrechnung mit den Leuten aus Wittenberg und Weimar halten. Hier in der großen Stadt wehte eine freiere Luft, so kam es ihm jedenfalls vor. Zunächst fand er einen Drucker, Hieronymus Hötzel, der ihm half, eine umfangreiche Erwiderung auf Luthers Anklagen zu veröffentlichen. Die „Hoch verursachte Schutzrede“ wurde heimlich gedruckt. In dieser Schrift greift Thomas die Auffassung Luthers an, die Herrschaft der Reichen und Oberen sei gerechtfertigt, da angeblich von Gott gewollt. Er sagte dagegen voraus, dass die Zeit der Herrschenden abgelaufen sei, die von Christus gepredigte Gerechtigkeit werde in baldiger Zeit auch auf Erden herrschen.
Thomas vergleicht Luther mit den Pharisäern und Schriftgelehrten der Bibel. Auch sie hätten die Lehre Christi als Teufelswerk beschimpft, wie Luther es jetzt mit ihm, Thomas Müntzer, mache. Als Ursache für den Abfall Luthers vom rechten Weg sieht Thomas den Hang zum leichten Wohlleben. Nein, Thomas hat keine Gemeinsamkeiten mehr mit dem „Doktor Lügner“, dem „Papst von Wittenberg“.
Durch seinen Anhänger Hans Denck, einen Drucker, lernte Thomas die geistig-oppositionellen Kreise Nürnbergs kennen. Das waren hauptsächlich bildende Künstler, Schüler und Anhänger des großen Malers Albrecht Dürer. Hans Denck hatte bereits dafür gesorgt, dass Luther in der Freien Reichsstadt Nürnberg Unterkunft bekam, als er 1518 vor dem Kardinal Cajetan fliehen musste, der ihn in Augsburg verhört hatte. Als Luther mit einem Prozess bedroht wurde, der in Rom veranstaltet werden sollte und zu seiner Verbrennung als Ketzer geführt hätte, floh er heimlich aus der Stadt, erreichte mit einem Gewaltritt Nürnberg und bekam bei den Humanisten der Stadt Unterkunft und neue Kleider.
Heute nun brauchte Thomas Müntzer die Unterstützung der Freunde. Drei junge Maler, auch als „gottlose Maler“ bekannt, bestimmten die Diskussion in der Stadt. Sie waren dem Rat schon aufgefallen, weil sie die Schriften Müntzers verbreiteten und noch viel weiter gingen als er. Müntzer griff das Christentum nicht an, sondern nur das unanständige Verhalten der Kirche. Die drei Maler aber, die Brüder Barthel und Hans Sebald Beham und ihr Freund Georg Pencz, spotteten über die gläubigen Christen. Sie bezweifelten überhaupt Christus und die Berichte von ihm in den Evangelien und verlachten auch die in der lutherischen Kirche nach wie vor übliche Taufe und das Abendmahl. Allerdings glaubten sie an einen Gott, den sie als Herrn bezeichneten. Ihn allein könnten sie anerkennen, nicht aber die angemaßten Herren vom Rat der Stadt Nürnberg, die müssten vernichtet werden.
Die Maler und Drucker standen beim Rat der Stadt auf einer Liste der Bürger, die besonders bewacht werden mussten. Wie Müntzer waren sie alle der Meinung, dass Luther, „das geistlose, sanft lebende Fleisch zu Wittenberg“, nicht entschieden gegen die Obrigkeit vorging, sondern sie stützte, wo er nur konnte.
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